Mutationen

Die Vererbung, Die Zucht und die verschiedenen Farben

Bald nach den vermehrten Zuchterfolgen traten bei Glanz-, Schön-, Schmuck- und Bourkesittich Farbmutationen auf. Es kam zu neuen Farbspielarten, die das Interesse an den Grassittichen noch steigerte.
Auf den folgenden Seiten wollen wir alle bekannten Mutationen genau beschreiben und ihre Vererbungsweisen anschaulich darstellen.
Um die Entstehung der Mutationen und deren Vererbungsweise verstehen zu können erhalten Sie unter Vererbung ein kleines ABC der Vererbungslehre

 

Grundlagen der Vererbung von Farbmutationen
Wer sich mit der Mutationszucht beschäftigt, muss sich auch mit der Vererbungslehre beschäftigen. Es ist zwingend notwendig seine Zuchtziele zu kennen um von unliebsamen Überraschungen verschont zu bleiben. Beherrscht ein Züchter diese Regeln, so kann er auch seine Spaltvögel mit einer Garantieerklärung abgeben, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Die Züchterkollegen werden es danken. Eine genaue Zuchtbuchführung für jedes Zuchtpaar und eine Zuchtstammkarte für jeden gezüchteten Vogel, sollte für jeden selbstverständig sein.

In den letzten Jahren entwickelte sich die Mutationen zu einem nicht mehr weg zu denkenden Bestandteil in der Haltung australischer Sittiche. Dies gilt natürlich auch bei den Grassittichen. Vor nicht all zu langer Zeit waren Mutationen hauptsächlich bei Nyphem- und Singsittichen bekannt und waren nur einer kleinen Gruppe von Vogelliebhabern vorbehalten. Inzwischen verlaufen sie Entwicklungen in einem hohen Tempo und regelmäßig tauchen neue Mutationen auf. Zu diesem Zeitpunkt sind die Auswirkungen hiervon für die Vogelhaltung nicht überschaubar. Fest steht, dass durch diese Entwicklungen ein völlig neues Gebiet erschlossen wurde. Es ist nicht meine Absicht, auf eine komplizierte und wissenschaftliche Art und Weise diese Informationen zu behandeln. Vielmehr geht es mir darum, auf eine möglichst praktische und einfache Weise die wichtigsten Grundprinzipien der Vererbung zu erklären und zu beschreiben. Ich versuche damit zu erreichen, dass auch diejenigen, die auf diesem Gebiet nicht besonders bewandert sind, diese Regeln und auch die Fachbegriffe verstehen und nachvollziehen können.

Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4
Die Farben Mutationen Vererbungsweisen Vererbungstabellen

Kapitel 1
Die Farben

Zuerst machen wir uns bekannt mit den verschiedenen Möglichkeiten in Bezug auf die Farben, die das Gefieder hat oder haben kann. Da es sich nur um drei Formen handelt, ist diese Einleitung einfach.

Wir unterscheiden die Pigmente (oder Farbstoffe) Melanin und Karotin (Karotenoid) sowie die Strukturfarbe Blau:

  1. Melanin: Die dunklen Farbstoffe von Federn, Augen, Schnabel Füßen und Krallen, oder die Farben Schwarz, Grau und Braun.

  2. Karotenoid (Karotin): Die Farben Gelb, Orange und Rot, die in Federn und Schnabel vorkommen (können).

  3. Strukturfarbe: Blau (und Violet). Der Begriff Strukturfarbe gibt an, dass die Art der Farbe mit der Struktur der Federn zusammenhängt, also mit der Art und Weise in der die Federn aufgebaut sind.

Auffälligerweise wird hier die grüne Farbe nicht erwähnt. Grün ist keine selbständige Farbe, sondern eine Kombination von Gelb (Pigmentfarbe) und Blau (Strukturfarbe). Fällt bei einem grünen Vogel das Gelb weg, dann bleibt die blaue Färbung übrig, verschwindet das Blau, so sehen wir einen gelben Vogel.

 


Kapitel 2
Mutationen

In einer einfachen Betrachtungsweise sind die Mutationen auf Veränderungen im Melanin und im Karotenoid zurückzuführen. Diese Veränderung trifft man auch bei den Strukturfarben an. Diese treten hauptsächlich nur bei den Dunkelfaktoren auf, also Hellgrün (Wildfarbe), Dunkelgrün und Olivgrün. Diese Farbtöne entstehen durch Veränderungen in der Federzusammenstellung.

Wir werden uns hier also auf die Veränderungen im Melanin und im Karotenoid beschränken, wobei man in der Hauptsache folgende Formen unterscheiden kann:

1. Pastell Bei dieser Mutation wird die Menge des Melanin vermindert. Die Farben der Wildform bleiben in einer helleren, verdünnten Form erhalten. Zu einem großen Teil präsentieren sie sich als ein blasseres Grasgrün. Der gelbe Schönsittich ist ein Beispiel dieser Mutation.

 

2. Lutino - Albino - Gelb Bei diesen Mutationen wird kein Melanin gebildet. Bei Lutinos und Albinos ist das Melanin aus allen äußeren Körperteilen, also aus Federn, Augen, Schnabel und Krallen, verschwunden. Bei den gelben Vögeln gilt dies ausschließlich für das Gefieder. Lutinos und Albinos sind aus diesem Grunde direkt an ihren roten Augen zu erkennen. Normale gelbe Exemplare zeigen diese Rotfärbung nicht. Lutinos unterscheiden sich von Albinos durch die Erhaltung ihrer Farben Gelb, Orange und/oder rot (also das Karotenoid). Bei den Albinos sind diese Farben ebenfalls verschwunden, und das Ergebnis ist ein rein weißer Vogel mit roten Augen. 
Wichtige Information in diesem Fall: Sobald das Melanin völlig fehlt, kommt die Strukturfarbe Blau als Weiß zum Vorschein!

 

3. gescheckt Hier wird in Teilen des Gefieders kein Melanin gebildet. Die gescheckte Mutation zeigt ein geflecktes und unregelmäßiges Gefieder, das Melanin ist häufig an willkürlichen Stellen verschwunden, wodurch sich gelbe und weiße Flecken formen, deren Umfang sehr unterschiedlich sein kann, ausgehend von einigen Federn bis beinahe über das gesamte Gefieder. Diese Mutation sollte nicht verwechselt werden mit dem Erscheinungsbild eines bestimmten Nahrungsmangels. Enthält die Nahrung zum Beispiel nicht genügend Lysin (Aminosäure), so kann die Bildung von Melanin beeinträchtigt werden. Dies hat eine gelbliche Veränderung der grünen und ein Verbleichen der schwarzen Federn zur Folge, die beinahe weiß aussehen können. Wird die Nahrung verbessert, dann können die Federn nach der nächsten Mauser wieder in den ursprünglichen Farben nachwachsen.

 

  Opalin Als zweite Mutation kann hier der sogenannte Opalin erwähnt werden, bei dem das Karotenoid farbintensiver wird. Blassgelb kann ein sattes Gelb werden, Gelb wird Orange und Rosa wird Rot. Die Opalin Mutation ist nicht einfach zu bestimmen, da das Erscheinungsbild pro Art unterschiedlich sein kann.
Als ein besonderes Beispiel für eine Opalin Mutation kann man hier nun den Bourkesittich nennen: Die normalerweise gelblichen Farben haben sich in eine reine rosa Färbung verändert und in Mantel, Rücken, Kopf und in den kleinen Flügeldeckenfedern ist das Melanin verschwunden.

 

4. Zimt und Falbe Bei diesen Mutationen verändert sich die Farbe des Melanins. Das Schwarz wird durch Braun ersetzt, wobei diese Veränderung beim Zimt eher Braun und beim Falben eher braungrau ist. Dies äußert sich deutlich in den Farben der Schwungfedern. Der Name Zimt beschreibt eine beige Färbung. Diese Mutationen zeigen verschiedene Erscheinungsformen, die von der Grundfarbe der betreffenden Vogelart abhängig ist.
Ein zuverlässiger Unterschied zwischen Zimt und Falbe liegt in der Augenfarbe der Jungen. Beide Formen werden mit roten Augen geboren. Während sich diese beim Zimt innerhalb einer Woche dunkler färben, behalten die Falben ihre roten Augen. Im übrigen können Zimt und Falbe sehr ähnlich aussehen. Man nehme hierfür am Besten auch wieder den Vergleich des Zimt und des Falben Bourkesittichs.

 

5. Seegrün Bei dieser Mutation tritt eine Verminderung des Karotenoid ein, wodurch das Gefieder weniger Gelb, Orange und/oder Rot zeigt. Diese Farben sind jedoch nur teilweise verschwunden. Bei einer guten seegrünen Mutation ist das Karotenoid etwa bis zur Hälfte zurückgegangen. Je mehr Karotenoid verschwindet, um so blauer wird die Farbe, je weniger verschwindet, um so grüner der Vogel.
6. Blau Wenn ein Vogel rein blau ist, wird kein Karotenoid gebildet. Die Gelben, Orangen und roten Farben sind also ganz verschwunden. Es gibt dann nur noch das Melanin und die Strukturfarbe Blau.
 

Kapitel 3
Vererbungsweisen
Nach der Übersicht der verschiedenen Farben und wie diese zustande kommen, wollen wir nun einen kleinen Einblick in die verschiedenen Vererbungsweisen geben. Hierzu erst einmal die verschiedenen Begriffe:
Dominant Dominant ist die überherrschende, also sichtbare Vererbungsweise. Ist einer der Vögel eines Elternpaares dominant, so zeigen auch die Jungen diese Farben. Wobei es bei dieser Vererbungsweise auch wieder die unvollkommene Dominanz gibt. Das bedeutet das ein Vogel obwohl dominant vererbt wurde seine eigentliche Farbe verdeckt trägt. Das heißt bei einem Schecken zum Beispiel das er nie gelbe Federn zeigen wird und doch bei einer Verpaarung wieder gescheckte Jungen fallen würden. 
Rezessiv Rezessiv beschreibt die zurücktretende oder unsichtbare Farbe. Ein Beispiel: Verpaart man einen dominanten Vogel mit einem rezessiven Vogel, dann zeigen die Nachkommen nur die Farben des dominanten Elternteils. Der rezessive Elternteil verhält sich also zurückhaltend. Die Farbe des rezessiven Tieres kann jedoch unsichtbar weitervererbt werden.
Geschlechtsgebunden Die Vererbung der betreffenden Farbe ist an das Geschlecht des jeweiligen Elternteils gebunden (Männchen oder Weibchen). Die Farben von Männchen und Weibchen sind also für die Farben und damit auch für das Geschlecht der Nachkommen von Bedeutung.
Autosomal Autosomal leitet sich von dem Begriff Autosomen ab. Chromosomenpaare enthalten die erblichen Eigenschaften, die von den Eltern an die Jungvögel weitergegeben werden. Eine dieser Eigenschaften ist die Geschlechtsbestimmung. Es gibt Chromosomen, die diese geschlechtsbestimmenden Gene in sich tragen, und andere, die diese Informationen nicht beinhalten. Autosomen sind Chromosomen die erbliche Eigenschaften bestimmen, jedoch keinen Einfluss auf die Geschlechtsbestimmung haben.
Intermediär Die Jungvögel bewegen sich bei der intermediären Vererbung in Bezug auf ihre Färbung zwischen dem männlichen und den weiblichen Elternteil. Diese Vererbungsform ist bei den Grassittichen sehr selten anzutreffen, Olive Schönsittiche vererben z. B. Intermediär. Spalterbige Tiere gibt es hierbei nicht, verpaart man Olive mit Wildfarbigen Schönsittichen, so fallen nur Dunkelgrüne Tiere.
Spalterbig Wie schon erwähnt kann ein Vogel eine Farbe unsichtbar in sich tragen und an die Jungen weitergeben. So nennt man einen grünen Sittich, der eine blaue Farbe in sich trägt und weitergeben kann, spalterbig in Blau. Die Schreibweise dieser Vererbung ist also wie folgt: grün/blau
Mit Hilfe dieser kurzen Erklärung verschaffen wir uns nun einen guten Ausgangspunkt für die folgenden Paarungsmöglichkeiten 
Aus der Erklärung geht auch hervor, dass nur in einer der verschiedenen Vererbungsweisen die Kombination von Farbe und Geschlecht ausschlaggebend für das Ergebnis ist. Bei einer geschlechtsgebunden rezessiven Vererbung führt also eine Verpaarung von einem farbigen Männchen mit einem wildfarbigen Weibchen zu anderen Jungen als eine Kombination von wildfarbigen Männchen und farbigen Weibchen. In allen anderen Vererbungsformen spielen diese Faktoren keine Rolle.
Die Begriffe "autosomal rezessiv" und "geschlechtsgebunden rezessiv" werden häufig abgekürzt in "rezessiv" und "geschlechtsgebunden".
 

Kapitel 4
Vererbungstabellen
1. autosomal rezessiv
Für das Beispiel einer autosomal rezessiven Vererbung haben wir hier den blauen Glanzsittich verwendet. Blau wird mit der Wildfarbe (Grün) gepaart:
Eltern Junge
Männchen   Weibchen

                    Männchen

                    Weibchen
Grün x Blau 50 % Grün/Blau   50% Grün/Blau  
Blau x Grün 50 % Grün/Blau   50 % Grün/Blau  
Grün/Blau x Grün 25 % Grün/Blau 25% Grün 25 % Grün/Blau 25 % Grün
Grün x Grün/Blau 25 % Grün/Blau 25 % Grün 25 % Grün/Blau 25 % Grün
Grün/Blau x Blau 25 % Grün/Blau 25 % Blau 25 % Grün/Blau 25 % Blau
Blau x Grün/Blau 25 % Grün/Blau 25 % Blau 25 % Grün/Blau 25 % Blau
Grün/Blau x Grün/Blau 25 % Grün/Blau 12,5 % Grün 25 % Grün/Blau 12,5 % Grün
      12,5 % Blau   12,5 % Blau  
Blau x Blau 50 % Blau   50 % Blau  
 

2. geschlechtsgebunden rezessiv
Für das Beispiel einer geschlechtsgebunden rezessiven Vererbung haben wir den rosa Bourkesittich verwendet. Rosa wird mit der Wildfarbe gepaart.
Eltern Junge
Männchen   Weibchen                     Männchen                     Weibchen
Wildfarbe x Rosa 50 % Wildfarbe/Rosa   50% Wildfarbe  
Rosa x Wildfarbe 50 % Wildfarbe/Rosa   50 % Rosa  
Wildfarbe/Rosa x Wildfarbe 25 % Wildfarbe/Rosa 25% Wildfarbe 25 % Wildfarbe/Rosa 25 % Rosa
Wildfarbe/Rosa x Rosa 25 % Wildfarbe/Rosa 25 % Rosa 25 % Wildfarbe 25 % Rosa
Rosa x Rosa 50 % Rosa   50 % Rosa  
 

3. dominant
Für das Beispiel einer dominanten Vererbung haben wir den gescheckten Schmucksittich verwendet. Bei der dominanten Vererbung  gibt es allerdings einfaktorige und zweifaktorige Vögel, die äußerlich nicht zu unterscheiden sind
Eltern Junge
Männchen   Weibchen                     Männchen                     Weibchen
Schecke II x Schecke II 50 % Schecke II   50% Schecke II  
Schecke I x Schecke I 12,5 % Wildfarbe 12,5 % Schecke II 12,5 % Wildfarbe 12,5 % Schecke II
      25 % Schecke I   25 % Schecke I  
Schecke II x Wildfarbe 50 % Schecke I   50 % Schecke I  
Wildfarbe x Schecke II 50 % Schecke I   50 % Schecke I  
Schecke II x Schecke I 25 % Schecke I 25 % Schecke II 25 % Schecke I 25 % Schecke II
Schecke I x Schecke II 25 % Schecke I 25 % Schecke II 25 % Schecke I 25 % Schecke II
Schecke I x Wildfarbe 25 % Wildfarbe 25 % Schecke I 25 % Wildfarbe 25 % Schecke I
Wildfarbe x Schecke I 25 % Wildfarbe 25 % Schecke I 25 % Wildfarbe 25 % Schecke I
 

4. intermediär
Diese Vererbung ist sehr selten anzutreffen. Für das Beispiel einer intermediären Vererbung haben wir den oliven Schönsittich verwendet. Spalterbige Tiere gibt es hierbei nicht!
Eltern Junge
Männchen   Weibchen                     Männchen                     Weibchen
Dunkelgrün x Wildfarbe 25 % Wildfarbe 25 % Dunkelgrün 25 % Wildfarbe 25 % Dunkelgrün
Wildfarbe x Dunkelgrün 25 % Wildfarbe 25 % Dunkelgrün 25 % Wildfarbe 25 % Dunkelgrün
Dunkelgrün x Dunkelgrün 12,5 % Wildfarbe 12,5 % Oliv 12,5 % Wildfarbe 12,5 % Oliv
      25 % Dunkelgrün   25 % Dunkelgrün  
Oliv x Wildfarbe 50 % Dunkelgrün   50 % Dunkelgrün  
Wildfarbe x Oliv 50 % Dunkelgrün   50 % Dunkelgrün  
Dunkelgrün x Oliv 25 % Dunkelgrün 25 % Oliv 25 % Dunkelgrün 25 % Oliv
Oliv x Dunkelgrün 25 % Dunkelgrün 25 % Oliv 25 % Dunkelgrün 25 % Oliv
Oliv x Oliv 50 % Oliv   50 % Oliv

 

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